Ort zum Gedenken an die Opfer der Revolution 1848/49

vorgestellt von Dr. Dieter Sawalies, 1.Vorsitzender

Seit langem ist es dem Verein "Der Golzheimer Friedhof soll leben ! e.V." ein Anliegen für die Düsseldorfer Opfer der Revolution 1848/49 auf dem Golzheimer Friedhof einen Gedenkort schaffen zu wollen. Unsere Bemühungen auch die politischen Kräfte dafür zu gewinnen fiel auf fruchtbaren Boden. Die zuständige Bezirksvertretung 1 hat mit einstimmigem Beschluß vom 09.September 2016 unserem Bürgerantrag zugestimmt.

Seither hat unser Verein sich geschichtlich und künstlerisch mit der Umsetzung in unserem gedachten Sinne intensivst auseinandergesetzt und viele Kontakte in der Bürgerschaft und mit einzelnen Künstlern und Künstlerinnen gesucht, um für eine weitere Diskussion konkrete Entwürfe zu erarbeiten.

Das bisher weitestgehende und alle unsere Vorstellungen integrierende Modell konnte mit Ramon Graefenstein erarbeitet werden, der bis 2013 Absolvent der Kunstakademie und Schüler der Akademie-Rektorin Rita Mc Bride war und zuletzt auch in der Großen Düsseldorfer Kunstausstellung 2017 ausstellte.

Kern unserer Vorstellung und Vorgaben war und ist die Zurückversetzung des bekanntesten und verbliebenen Grabmales des polnischen Adeligen Ludwig von Milewski (Foto, rechts oben), eines jungen Malers der Kunstakademie und Anführers der revolutionären Straßenkämpfe, der in der Nacht vom 9. auf den 10. Mai durch preußisches Militär erschossen wurde. Auch, wenn Milewski bis heute als Held und namentlich vermutlich einzig bekanntes Opfer in Erinnerung geblieben ist, so waren es doch letztlich 16 Opfer, zum größten Teil zufällige, unbeteiligte Bürgerinnen und Bürgern unserer Stadt.

Es war und ist uns daher ein Anliegen, ihrer aller Namen, ihr Alter und Berufstand zu benennen und alle in gleicher Weise zu ehren und ihrer zu gedenken. Der zentrale Platz auf Feld 9 hinter der Robert-Schumann-Musikschule (Foto, roter Kreis) ist der Originalplatz ihrer Reihengräber und wird durch die Platzierung des erhalten gebliebenen Ehrengrabes der Familie von Milewski vorgegeben. Aber dieses eine Grab soll den anderen Opfern symbolisch gleichgestellt werden und in der Gruppe aller 16 Opfer stehen.

Unser Entwurf ist also orientiert an dem Höhen-Maß des Milewski-Kreuzes (3.Foto von oben) , welches einerseits mit den anderen einen Kreis von 16 Kreuzen bildet, die aber alle eine jeweils individuelle, dennoch aufeinander bezogene Form erhalten, in der der vertikale Balken gleiche Höhe haben, aber der horizontale Balken (symbolisch die Verbindung zwischen den Menschen) einzigartig ist, eine jeweils andere Be-Deutung hat und in ihrer Gesamt-Anordnung eine Spirale ergibt (5. Foto von oben). Die Spirale ist eines der faszinierendsten, uralten und heiligen Symbole aller Kulturen, die für Leben und Tod nach allen Richtungen steht. Die Spirale wächst und stirbt, nach außen läuft sie in die Geburt, ins Leben, ins Unendliche, dahin, wo die Grundideen der Revolutionen laufen sollten, in die Welt hinaus und alles erfassen sollen. Nach innen verläuft die Spirale in die Mitte, ins Zentrum, was wir als das Endliche, als Tod bezeichnen.

Die 3 Ideale der Revolution: "Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit" und die 3 großen Symbole der Menschheit KREUZ, KREIS und SPIRALE sind die Grundelemente, die diesen Gedenkort u.E. bestimmen sollen. Und so steht das Grabmal Milewski auch symbolisch als 3. Grab im Kreis.

In dem vorliegenden Modell des Künstlers Ramon Graefenstein sind diese Elemente in einer tiefsinnigen und be-eindruckenden Form eingebracht worden, die alle unsere Ideen für die Ehrung der Düsseldorfer Opfer auf diesem Teil des Friedhofes vereint und zugleich versinnbildlicht, daß die Revolution von 1848/49 in Düsseldorf die Geburtsstunde der politischen Parteien und Bürgerinitiativen war, für die es sich zu kämpfen lohnte und die es auch weiterhin zu verteidigen gilt.

 

Denkmal-Entwurf "MEMbran" für die Opfer der Düsseldorfer Revolution von 1849

von Ramon Graefenstein, neue Fassung Juni 2017

Das Feld 9, welches sich am nördlichsten Ende des Golzheimer Friedhofs befindet, stellt derzeit einen merkwürdigen Durchgangsort zwischen der historischen Landschaftsatmosphäre der Grabmäler im Süden und dem modernistischen Bau der Robert-Schumann-Hochschule im Norden dar.

Zum einen lässt sich das Feld 9 durch die Wegführung und Landschaftsplanung strukturell und historisch als Teil der Friedhofsanlage begreifen. Auf der anderen Seite erscheint es visuell ebenso dem Campus der RS-HS zugehörig und übernimmt eine Art Vorgarten-Charakter für selbige. Das Fehlen von sichtbaren Grabmälern in diesem Bereich verstärkt eine unklare Zugehörigkeit dieses Feldes. Das Feld 9 präsentiert sich somit als Transit- und Zwischenraum und stellt eine Art Membran zwischen Vergangenheit und Gegenwart dar; dem Historisch - Statischen (Friedhof) und dem Aktuell - Dynamischen (Hochschule). Es ist derzeit ein Ort, der seine eigene Struktur entwickelt hat, die keinerlei ästhetischem Anspruch genügen will.

Generell bedeuten mir diese „unbesetzten“ Orte in einer Stadt sehr viel. Sie bergen ein unsichtbares Potential, welches für jeden Einzelnen auf seine Weise erfahren werden kann. Orte an denen die vorgegebenen Wegführungen durch die „chemins du désier“ ergänzt werden, wo sich der Fortbewegende eher dem Orientierungssinn seines Körpers verschreibt, als einem von Landschaftsplanern und Architekten erdachten Konzept unterordnet. Unser Stadtbild, unsere Landschafts - und Parkanlagen sind durchzogen von strukturgebenden Elementen, die einen reibungslosen Ablauf des Alltages erst ermöglichen und oftmals eine lineare ästhetische Erfahrung vorgeben. Einen offenen und zirkulären Charakter des Ortes zu erhalten und ihn dennoch mit einem abgerundeten Erlebnisraum zu bespielen, sehe ich als Herausforderung beim Vorhaben um Feld 9.

Ich denke, dass eine spezifische Formgebung dem „Benutzer“ einen mannigfaltigen Erfahrungs- und Bewegungsraum bieten kann, was ich versuche in meinem Vorschlag für das Feld 9 herauszuarbeiten. Neben der räumlich prägnanten Situation, welche die reale Erfahrbarkeit des Ortes berücksichtigen soll, steht die inhaltlich- historische Komponente in Form der Vorfälle des Volksaufstandes vom 9./10. Mai 1849 im Vordergrund. Der Ort soll den 16 Opfern gedenken, die in dieser Nacht von preussischen Soldaten erschossen wurden. Als eines der prominentesten Opfer soll der polnische Adelige und Kunststudent der Düsseldorfer Kunstakademie Ludwig von Milewski mit seinem Grabmal immanenter Bestandteil des Denkmals werden. Sein Grabkreuz soll auf den ursprünglichen Aufstellungsort auf Feld 9 zurück verlegt werden und ist somit das einzige historische Artefakt der Denkmalsskulptur.

Dabei war mein Hauptanliegen jedoch allen Opfern eine gleichbedeutende Stellung im Denkmal zu geben und ihnen durch ihre symbolische Repräsentation eine „tragende“ Funktion in der Gesamtstruktur zuzuweisen. Das Denkmal besteht aus zirkulär, um ein Zentrum angeordneten „Kreuzvarianten“, die sich in ihrer Größe vom Grabstein Milweski' s ableiten. Die sich stauchende Vertikale jedes einzelnen Kreuzes wandert dabei spiralförmig von unten nach oben, was sich zu einer Form fügt, die zu Assoziationen eines architektonischen Gebildes wie einer Treppe und Pavillon einlädt. Es gibt das Innen und Aussen, das sich Abgrenzende und das sich Öffnete, das Verbindende und isolierende Moment. Um des Denkmals Ausmasse in räumlicher und historischer Dimension erfassen zu können, bedarf es einer aktiven Teilnahme des Betrachters, der sich um und durch das Denkmal bewegt, und seinen Körper und Schritte in kontinuierliche Relation zu den steinernen Oberflächen setzt. Der Betrachter wird durch seine Bewegung Teil des Denkmals, ebenso wie gesellschaftliche Veränderungen nach aktiver Teilhabe und Austausch der Beteiligten verlangen.

Ich würde meinen Entwurf "MEMbran" nennen, da er sowohl eine Betrachtung von Innen als auch Aussen zulässt und eine Art Durchgang markiert. Ein Durchgang der zum Aus - und Eingangspunkt für die Beschäftigung mit der Geschichte und Aktualität werden kann. Ein Ort der gewisse Aspekte seiner Umgebung bündelt und hervorhebt und andere auslässt. Während der Entwurf selber etwas sehr statisches hat, möchte ich mit dem Titel auf etwas Durchlässiges, Veränderbares aufmerksam machen. 

Vor allem soll dieses Denkmal aber einen Ort bilden, der zum Verweilen und zur Kontemplation einlädt und dem Feld 9, welches derzeit ein Zwischen - und Durchgangsraum darstellt, wieder eine Struktur, einen Ort der Ruhe und Erhabenheit zukommen zu lassen. Die Sichtbetonflächen werden mit der Zeit an Patina gewinnen und sich zunehmend in das Erscheinungsbild des Friedhofs einfügen, ohne dabei völlig assimiliert zu werden. Wegen seiner minimalistischen Formgebung wird das Denkmal eine irritierende Komponente im romantischen Landschaftsbild bleiben können, um dem vorbeigehenden Spaziergänger für die Belange einer Revolution zu interessieren, welche unser heutiges Bild von Gesellschaft entscheidend mitgestaltet haben. Der Besucher, die Besucherin mag sich aufgefordert sehen, das Erbe dieser Demokratie fortzuführen.

 

Zum Standort des Monuments für die Toten des Aufstandes von 1849 auf dem Golzheimer Friedhof ...

Stellungnahme von Wilhelm und Dr. Inge Zacher, Juni 2017 

 

Maximilian Friedrich Weyhes Friedhofsplan von 1816, der, wie auch vom Gartenamt beabsichtigt, beibehalten bzw. wiederhergestellt werden soll, sah neben der Hauptachse (Mittelweg) den Seitenalleen und Querwegen ein von Bäumen umgebenes Rondell als Zentrum des Friedhofs und Ort für die Aufstellung eines Hochkreuzes vor. Dieses Rondell wurde für die Anlage der Klever Straße 1905 entfernt und das Hochkreuz auf den Nordfriedhof transferiert, wo es den Mittelpunkt des „Millionenhügels“ bildet.

Der Friedhof, der seit der ersten Erweiterung 1816 aus acht Feldern bestand, war bereits 1837 zu klein, so dass eine zweite Erweiterung nötig wurde, die Weyhe noch realisierte. Im Norden und Süden des Friedhofs wurden neue Felder erschlossen, auf denen man in den folgenden Jahren Reihenbegräbnisse und Kaufgräber anlegte. Weyhe führte das Konzept der die Felder begleitenden Lindenalleen fort. Im Norden und Süden bildeten dreireihige Lindenpflanzungen den Abschluss der symmetrischen Anlage. (Davon sind im Süden noch einige Linden erhalten.) Zu dieser Zeit lag der Friedhofseingang im Süden des Friedhofs. Hier lag das 1829 errichtete erste Leichenhaus mit der Wohnung des Totengräbers und einer separaten Gartenanlage.

Greift man die Idee von Weyhe auf, dass das Wegesystem einen Point de vue (Blickpunkt durch ein Denkmal, Gebäude oder gärtnerische Gestaltung) haben soll, dann bietet sich als idealer Ort für das Denkmal für die Toten von 1849 die Mitte des Feldes 9 in der Fortführung des Hauptweges an, da es von jedem Standpunkt des Friedhofs aus sichtbar wird. Auf diese Weise findet eine Fortentwicklung des Weyhe-Plans in die Gegenwart statt. Hiermit würde zugleich die ungünstige Trennung in die nördliche und südliche Friedhofshälfte minimiert, d.h. wenigstens optisch überwunden.

Eine zentrale Aufstellung des Denkmals würde auch mit dem Gartenplan des Barons von Engelhardt von 1915 übereinstimmen, der auf Feld 9 einen Schulgarten anlegte. Auf einer durch Steinplatten markierten Mittelfläche stand als Point de vue eine antikisierende Vase auf einem Sockel. 

Gegen die geplante Aufstellung des Milewski-Grabmals auf der ursprünglichen Grabstelle an der westlichen Seite von Feld 9 spricht u.a. die Unsicherheit über den genauen Standort. Obwohl man die Grabstellennummer im Belegungsplan des Friedhofs feststellen kann, ist nicht sicher, dass der heutige Verlauf des nördlichen Querweges als Ausgangspunkt mit dem des 19. Jahrhunderts übereinstimmt. Hier lag analog zur Gestaltung auf dem südlichen Friedhofsteil eine dreireihige Lindengruppe, die nicht erhalten ist. Die zu Bäumen ausgewachsenen Taxusbüsche auf Feld 9 gehören nicht zur Weyheschen Anlage.